Die Geburt ging sehr schnell. Und der Arzt kam dann noch rechtzeitig zu seinem Weihnachtsessen.
Paul Schmitz wurde an Heiligabend geboren. Das hat er nie als Nachteil empfunden. Die Oma nannte ihn Christkindchen. Er feiert gerne am Namenstag.
Für die Oma war er immer das Christkindchen. Oft hat sie ihn so genannt. Und Paul Schmitz hat das gefallen. Er denkt gerne daran zurück. Nun ja, es ist auch nicht gerade eine negativ besetzte Bezeichnung, sondern vermittelt etwas Positives, etwas Hoffnungsvolles, das mit einem gewissen friedlichen Lächeln verknüpft ist. Paul Schmitz hat als kleiner Junge viel gelacht. Er habe viel gestrahlt, erinnert er sich. „Ich war ein zufriedenes Kind.“
Paul Schmitz hat nicht gerade einen Namen, der aus dem Rahmen fällt. Aber er hat eine Besonderheit aufzuweisen, die ihn von vielen unterscheidet: Er wurde an Heiligabend geboren. Das kommt zwar gar nicht so selten vor, wie man vielleicht annehmen könnte, aber es sorgt doch alle Jahre wieder für einen Aufmerksamkeitseffekt – was natürlich auch der Besonderheit dieses Tages geschuldet ist.
Immerhin 328 Kinder kamen am 24. Dezember vergangenen Jahres in Nordrhein-Westfalen zur Welt. Zum Vergleich: Errechnet man aus der Gesamtzahl der Geburten 2014 in NRW den Durchschnittswert pro Tag, kommt man auf eine Zahl von 425 Geburten täglich. Auch eine Reihe von Prominenten hat dieses Geburtsdatum aufzuweisen: Schauspielerin Ava Gardner etwa (geboren 1922), Autor Herbert Reinecker (1914), Schriftstellerin Stephenie Meyer (1973) oder auch Sänger Ricky Martin (1971). Rockmusiker Lemmy Kilmister (Motörhead) rundet heute: Glückwunsch zum 70!
Paul Schmitz – er ist Lehrer für Mathematik und Deutsch an der Adam-Ries-Schule, der Gemeinschaftshauptschule der Stadt Eschweiler, und lebt in Aachen und im belgischen Gemmenich – wird heute 57. Er kam als Dritter von vier Geschwistern zur Welt – zu früh übrigens, wie die anderen drei auch. Und es war keine alltägliche Aktion an jenem 24. Dezember.
Die Mittagszeit
Die Mutter kam morgens mit Wehen ins Krankenhaus. Erst ging es aber nicht so recht voran. Schließlich wurden ihr wehenfördernde Mittel verabreicht, wie Schmitz erzählt. Dann nahm die Sache Fahrt auf. Die genaue Zeit weiß Schmitz nicht. Aber es war um die Mittagszeit, als der kleine Paul das Licht der Welt erblickte. „Die Geburt ging sehr schnell. Und der Arzt kam dann noch rechtzeitig zu seinem Weihnachtsessen.“
Zuweilen liest oder hört man von Menschen, die gar nicht begeistert davon sind, Weihnachten Geburtstag zu haben, die sich benachteiligt oder gar um ein Fest betrogen fühlen. Für Paul Schmitz war das nie ein Thema. Er hat den besonderen Tag als Geburtstag nie als Nachteil empfunden. Und tut das bis heute nicht. Er hat etwa als Lehrer immer frei an seinem Geburtstag. Das ist doch was, und das kann beileibe nicht jeder von sich behaupten, wenn er oder sie es auch noch so gerne hätte.
In der Kindheit war das schon gar kein Problem für Paul Schmitz. Er wuchs auf dem Dorf auf, in der Eifel, genauer gesagt im Simmerather Ortsteil Huppenbroich. Sein Vater war dort Dorflehrer. Die Familie lebte im Schulhaus. „Wir brauchten aus unserer Wohnung nur über den Flur zu gehen und waren schon im Klassenzimmer“, weiß Paul Schmitz noch gut. Das Schulgebäude sei ein Zentrum des Ortes gewesen – mit einem Versammlungsraum samt Bühne auf dem Speicher, wo unter anderem auch Filme gezeigt wurden. Der Vater sei neben dem Pfarrer die größte Respektsperson des Ortes gewesen. „Er hatte zwei Musikgruppen, eine mit Blasinstrumenten für die Älteren und eine mit Mandolinen, Schlagwerken und anderem für die Jüngeren – damit hatte er das ganze Dorf.“
In der katholisch geprägten Umgebung spielte der Geburtstag keine Rolle – auch für den kleinen Paul nicht. Wichtig war hingegen ein anderer Tag: der Namenstag. „Der Name hat einen Sinn, soll etwas mit dem Leben zu tun haben“, sagt Schmitz. „Der Geburtstag gilt da eher als zufällig.“ So hat der heutige Lehrer auch seinen Vornamen nicht zufällig. „Mein Vater wählte für seine Kinder Namen von Personen, die in ihrer Biografie in irgendeiner Form einen Bruch haben.“ So auch bei Paul. Der heilige Paulus verfolgte erst die Anhänger Jesu, um dann nach einem einschneidenden Erlebnis zu einem entscheidenden Motor des Christentums werden.
Kleine Geschenke
Gedenktag von Paulus ist der 29. Juni. Und dieser Tag war dann auch bei Paul Schmitz etwas Besonderes, es gab kleine Geschenke. „Den Geburtstag habe ich gar nicht so beachtet. Da war ja auch Weihnachten.“ Obwohl er dann später zwischenzeitlich auch gelegentlich mit Freunden am 23. Dezember abends in den Geburtstag hineingefeiert hat – da gab es dann auch schon mal Geburtstagsgeschenke in Weihnachtspapier –, hat er sich die Sache mit dem Namenstag erhalten. „Heute feier ich wieder gerne an meinem Namenstag – da ist es ja auch wärmer“, sagt der Vater von drei Kindern.
Nach der Kindheit in der Eifel – „Wir wuchsen in einer Idylle auf, mein Vater blies die Trompete, wenn wir mittags zum Essen kommen sollten.“ – siedelte Paul Schmitz im Alter von zehn Jahren mit der Familie nach Aachen um. Da war dann vieles anders. „Ich erinnere mich, dass ich von Burtscheid in die Stadt ging und jeden, der mit entgegenkam, grüßte, wie ich es vom Dorf gewohnt war – und ich wunderte mich, dass niemand zurückgrüßte…“ Auch der Geburtstag war hier auf einmal wichtiger – allerdings nicht für Paul. Kindergeburtstagen konnte er jedenfalls gar nichts abgewinnen.
Ganz wichtig war ihm jedoch – und ist es bis heute – ein bestimmtes Geschenk. Er muss fünf gewesen sein, da bekam er zu Weihnachten von den Eltern einen eisernen Spielzeug-Trecker. Den liebte Paul heiß und innig. Und auch bei den zahlreichen Kindern aus der Huppenbroicher Nachbarschaft war das – zum Glück sehr stabile – lenkbare Fahrzeug beliebt. „Es wurde arg strapaziert, im Dreck, bei Transporten.“ Wie ein echter Trecker halt, wie er für die Kinder der Umgebung ein Normalfall war.
Auch heute ist der noch voll funktionsfähige Trecker eine Attraktion bei Kindern und wird oft benutzt. An besagtem Heiligabend damals musste Paul erst mal geduldig sein. Denn was gehört zu einem Trecker? Richtig: ein Anhänger. Den gab es dann aber erst einen Tag später bei der Verwandtschaft. Da musste also sogar Omas Christkindchen erst mal warten. Aber das lachte ja gerne…
Quelle: Eifeler Zeitung
Bericht: Andreas Herkens