Weit weg vom „Maya-Zirkus“

Im Pueblo gut aufgenommen: Berrit Hannappel aus Huppenbroich, hier im Kreise der indianischen Dorfbewohner auf der Halbinsel Yucatan, lernte Mexiko von einer neuen Seite kennen.

Die 22-jährige Berrit Hannappel aus Huppenbroich sammelte bei Mexiko-Aufenthalt intensive Erfahrungen bei einer Menschenrechtsgruppe.

Huppenbroich. Bei Sombreros, Tortilas und Acapulco denkt man gleich an Mexiko, aber es gibt nicht nur die touristische Seite des riesigen Landes in Mittelamerika. Von Erfahrungen und Begegnungen, die einem als Tourist in der Regel vorenthalten bleiben, berichtet jetzt Berrit Hannappel aus Huppenbroich, die vor rund drei Wochen von ihrer zweiten Mexiko-Reise zurück nach Deutschland kam.

Bereits im Frühjahr 2009 hatte die 22-Jährige ein dreimonatiges Praktikum bei der Menschenrechtsgruppe „Indignación“ auf der Halbinsel Yucatán absolviert und nun, anderthalb Jahre später, hatte sie die Möglichkeit, noch einmal für sechs Wochen zurückzukehren.

„Einige Tage bevor ich mich auf den Weg machte, hatte ich ein interessantes Gespräch mit einer Freundin meiner Mutter, an das ich mich in Mexiko oft zurückerinnert habe. Wir redeten über die Notwendigkeit, innerhalb von Gesellschaften Brücken zu bauen, bzw. Verbindungen zwischen den verschiedenen Gruppen oder Individuen herzustellen, um Entfremdungen, Ängste oder Vorurteile auf beiden Seiten einzudämmen,“ erzählt Berrit Hannappel nach ihrer Rückkehr.

Benachteiligte Menschen

In Yucatán gehörten die fehlenden Brücken innerhalb der Gesellschaft genauso zum Alltag wie auch in Deutschland, wobei in Mexiko das Problem deutlicher werde.

Die indigene Maya-Bevölkerung Yucatáns befinde sich nach wie vor in einer benachteiligten Position gegenüber der restlichen Bevölkerung, was sich bereits an der Wohnsituation bemerkbar mache: „Maya-stämmige Familien leben nur selten in den touristischen Gegenden Yucatáns. Normalerweise wohnen sie abgeschottet in so genannten Pueblos. In solchen Dörfern wird man so gut wie nie blonden Europäern über den Weg laufen,“ erzählt die junge Frau.

Die überwiegende Mehrzahl der Dorfbewohner sei als Fabrikarbeiter oder, im Fall der wenigen berufstätigen Frauen, als Reinigungskraft in besser betuchten Haushalten beschäftigt.

„Indignación“, die besagte Menschenrechtsgruppe, hat ihr Büro inmitten eines solchen Dorfes. Chablekal liegt etwa eine halbe Stunde nördlich von Mérida und umfasst ca. 4000 Einwohner. „Ich wurde von einer Frau aus dem Projekt, die ein kleines Haus in Chablekal besitzt, eingeladen, meine Zeit diesmal im Dorf zu verbringen. Ich konnte somit einen Einblick in den anderen, und oftmals vergessenen Teil der yucatekischen Bevölkerung gewinnen, die, jenseits des Maya-Zirkus in Mérida, wo die indigene Kultur oftmals als bloße touristische Attraktion wahrgenommen wird, ein würdevolles Leben führt.

Meine Zeit im Dorf war sehr intensiv im Vergleich zu meinem ersten Mexiko-Besuch, den ich wohlbehütet bei einer alten Dame in Mérida verbrachte, wo ich sogar einen Fernseher auf dem Zimmer hatte.

Die Umstellung auf die Umstände im Dorf mit übel riechendes Duschwasser, Schlafen in der Hängematte, ständigen Durchfall und einem undichtes Dach bei Regenwetter waren jedoch leicht hinnehmbar“, erzählt Berrit Hannappel, „da mir die Erfahrung weitaus wertvoller erschien als bei bei meinem ersten Besuch.“

Die Dorfgemeinschaft habe sie „mit offenen Armen empfangen, und fast täglich wurde ich von allen Seiten zum Essen eingeladen. Jeden Dienstag Abend durfte ich Teil der „comunidad“ sein, einer Gruppe von Dorfbewohnern, die es sich, im Stil der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, zur Aufgabe gemacht hat, sich der fehlenden Brücken anzunehmen. Es wird zusammen studiert, diskutiert, gebetet und viel gelacht. Ich habe viel gelernt und mitgenommen von diesen Momenten im Dorf, und die Brücke, die sich dabei, fast wie von selbst, von Chablekal nach Deutschland gezogen hat, ist standfest,“ lautet das Fazit der intensiven Tage in Mexiko.

Quelle: Eifeler Zeitung