Von der Mistkarre zur Kanone

„Gestatten Rosi“: stolz präsentieren Norbert Brewer (l.) und Manfred Haas die Kanone der Simmerather Sonnenfunken, die in diesem Jahr ihren elften Geburtstagfeiert.

Seit elf Jahren ziehen die Sonnenfunken mit ihrem Geschütz umher

Simmerath. Manche Karnevalisten der Simmerather Sonnenfunken schwören Stein und Bein darauf, dass die meisten Mitglieder ihrer Ehrengarde in der fünften Jahreszeit „Rosi“ mehr liebevolle Streicheleinheiten zukommen lassen, als ihren Ehefrauen. Dabei ist Rosi überwiegend hölzern, schwergewichtig, könnte gegebenenfalls auch losdonnern und war ehemals eine Mistkarre. Rosi ist die fahrbare Kanone der Ehrengarde und feiert in diesem Jahr quasi ihr karnevalistisches Jubiläum; sie wird elf Jahre alt.

Die zweite Geburtsstunde des donnernden Gefährts schlug im Jahr 2005, als die Ehrengarde der Sonnenfunken, die fünf Jahre zuvor von Torsten Gerards und Wolfgang Rinkens gegründet wurde, zur Demonstration ihrer Kampfstärke noch einen Blickfang der besonderen Art suchte. Norbert Brewer erinnert sich: „Auf verschiedenen Gardetreffen hatten wir tolle und stolze Gardisten gesehen, die nicht nur marschierten, sondern auch kräftig rumballerten. Marschieren konnten wir zwar auch, besonders weil uns der Spielmannszug immer begleitete, aber mit ballern war nix.“
Daher musste also eine Kanone her. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Da kaufen einfach zu teuer war, bildete sich ein Kanonen-Arbeitskreis, dem sofort klar war, dass man zunächst einmal original Karrenräder, eine Achse, ein Gestell und ein Kanonenrohr brauchte. Da passte es, dass plötzlich aus Huppenbroich von Pablo Lopez, der gerade frisch in die Ehrengarde eingetreten war, die Nachricht kam: „Ich habe im Garten eine alte Mistkarre stehen, die sicher noch einige brauchbare Teile wie Räder und Achse hat. Die stelle ich gerne zur Verfügung.“

Unerwartete Probleme

Das vierköpfige Kanonenteam machte sich daraufhin mit einem Pritschenwagen nach Huppenbroich auf. Nachdem man dort die alte Mistkarre aus dem Dreck gezogen hatte, bot sich dem Quartett zunächst einmal ein grausames Bild. Die Karre fiel nicht nur fast auseinander, sondern verbreitete auch einen unangenehmen Geruch.

Nichtsdestotrotz wurde die Karre aufgeladen. Doch kurz bevor man mit dem Beutestück abfahren wollte, gab es unerwartete Probleme. Rosi Lopez, die Ehefrau von Pablo, erschien auf der Bildfläche und teilte unmissverständlich mit, was sie von der Großzügigkeit ihres Gatten hielt; nämlich nichts. Die Räder waren für einen Blumenständer oder Ähnliches vorgesehen und nicht für „diesen Quatsch“ der Ehrengarde. Das Beuteteam machte sich daraufhin schnell aus dem Staub und ließ Pablo Lopez mit seinen Problemen zurück.

Allerdings hatte man bereits auf der Rückfahrt Mitleid mit ihm und sann auf Wiedergutmachung. Wenn die Kanone fertig war, sollte sie den Namen „Rosi“ bekommen. Danach folgte unter strengster Geheimhaltung der Bau der Kanone, an dem Manfred Haas maßgeblich beteiligt war. Er fertigte zunächst einmal entsprechende Konstruktionszeichnungen an. Um die Herstellung des Kanonenrohrs kümmerte sich Wolfgang Rinkens.

Im November 2005 war das gute Stück dann vollendet und wurde auf der Proklamation unter viel Beifall vorgestellt. Rosi Lopez hielt dazu vorher einen kleinen Vortrag, ohne zu wissen, um was es ging. Als dann die Kanone auf die Bühne gefahren wurde, war die Überraschung bei der Namenspatronin natürlich groß. Da an diesem Abend Rosi und Pablo Lopez zum Prinzenpaar gekürt wurden, passte die Kanonenpräsentation.

In ihrem elften Lebensjahr ist die Kanone der Ehrengarde bei den Sonnenfunken nicht mehr weg zu denken. Im Tulpensonntagszug wird sie stolz durch die Straßen Simmeraths gezogen und ist auch bei auswärtigen Auftritten der Sonnenfunken dabei. „Natürlich nehmen wir die auch mit, wenn wir zu den euregionalen Gardetreffen fahren“, erklärt Norbert Brewer. In der karnevalsfreien Zeit steht die „Rosi“ im Vorgarten von Manfred Haas an der Schmiedstraße. Natürlich wird Rosi dann bei der Prinzenproklamation der Sonnenfunken am 12. November wieder auf der Bühne zu bewundern sein.

Quelle: Eifeler Zeitung
Bericht und Foto: Karl-Heinz Hoffmann